Ein Plattenbau des Typs WHH GT 18/21 von degewo in Marzahn, gesehen vom Dorf Alt-Marzahn aus © Credits: Imago / Jürgen Ritter
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Plattenbau in Berlin: Kleine Plattenkunde mit degewo

Mehr als 100.000 Berlinerinnen und Berliner leben in Plattenbauten. Grund genug, sich einmal anzuschauen, wie vielfältig die Wohnriesen aus Beton sind. Denn Platte ist nicht gleich Platte! degewo führt Sie durch den Großstadtdschungel.

Es gibt sie im Osten der Stadt wie im Westen: aus Betonfertigteilen gebaute Wohnhäuser. Großsiedlungen wie Marzahn, Hellersdorf, Gropiusstadt und Märkisches Viertel sind eindrucksvolle Beweise des Platten-Baubooms gegen die Wohnungsnot. „Die Platte“ gibt es dabei nicht, denn so starr das Material ist, so flexibel sind die Bauweisen und Wohnformen.

Welche Plattenbauten gibt es?

Die kurze Antwort ist: Mehr, als Sie denken! Während im Westteil der Stadt fast jede Platte anders ist, setzte man im Osten auf Typisierung. Das hatte den Vorteil, dass die Plattenwerke, die die Betonteile gossen, Standardteile anfertigten, die im ganzen Land identisch waren. Der Begriff „Plattenbau“ war zudem nicht weit verbreitet, man sprach lieber von „Neubauten“. Neben der weithin bekannten „Einheitsplatte“ WBS 70 sind in Berlin vor allem die Typen P2 und WHH GT 18/21 zu sehen. Doch es gibt viele Subtypen und Mischformen, die selbst Plattenbaukenner stutzen lassen, welchen Typ sie wohl gerade vor sich haben. Drei bekanntere Bauweisen stellen wir Ihnen hier vor.

WBS 70: Die Einheitsplatte

Sie wird zwar Einheitsplatte genannt, ist aber alles andere als Einheitsbrei: Die WBS 70, eine WohnungsBauSerie, die Anfang der 1970er-Jahre entwickelt wurde, gilt als meistgebaute Platte der ehemaligen DDR. Der Titel Einheitsplatte gründet auf ihrem einheitlichen Plattenraster von 1,20 x 1,20 Metern. Diese Elemente bildeten die Basis für Wohnhäuser, die manchmal als Fünf- oder Sechsgeschosser, oft auch als Elfgeschosser daherkommen. Je nach Anzahl der Stockwerke spricht man dann von einer WBS 70/5, 70/6 oder 70/11. Trotz der starken Standardisierung der Bauteile erwies sich die WBS 70 als der flexibelste Plattenbautyp. Er existiert in Mischformen mit anderen Plattentypen, als Ersatzneubau“ WBR 85, und selbst die historisch anmutende Bebauung im Berliner Nikolaiviertel besteht aus Neubauten des Typs WBS 70 – mit Giebeln, Satteldächern und schmucker Fassade. Eine typisch „ostig“ eingerichtete WBS 70 können Sie sich in der Museumswohnung Marzahn anschauen.

Ein Hochhaus des Typs WHH GT 18/21 am Helene-Weigel-Platz in Marzahn. © Credits: Cathrin Bach
Vom Balkon des 21. Stocks in dieser degewo-eigenen WHH GT 18/21 hat man nicht nur einen tollen Blick über den Helene-Weigel-Platz in Marzahn, sondern über ganz Berlin.

WHH GT 18 (Typ Berlin): Der Riese

WHH steht für – Sie ahnen es vielleicht – Wohnhochhaus. Und zwar in GT, Großtafelbauweise, einem etwas akkurateren Begriff für Plattenbauweise. Die Zahl hinter den Buchstaben zeigt an, wie viele Geschosse das Haus hat, in diesem Fall 18. Steht ein 18-Geschosser allein als Punkthochhaus – wie beispielsweise am Bürgerpark Marzahn –, ist dieser Abkürzung nichts mehr hinzuzufügen. Oft treten die Wohnriesen jedoch als Paare auf, von denen ein Haus größer ist als das andere: die WHH GT 18/21. Dieses Doppelhochhaus hat dann einen Gebäudeteil mit 18 und einen nebenstehenden mit 21 Stockwerken. Eine besondere Form dieses Plattenbautyps ist nach dem Jahr und Ort ihrer ersten Errichtung benannt und ist heute unter anderem an der Marzahner Promenade zu finden, die WHH GT 84/85 ETP. 1984/85 baute man im Ernst-Thälmann-Park diesen Hochhaustyp in Fächerform. degewo-Hausmeister Thorsten Hauff führt uns mal herum:

P2: Parallelwelten

Die kürzeste Plattenabkürzung weist mit ihrer Buchstaben-Zahlen-Kombination auf Parallelität hin: Beim Typ P2 sind die tragenden Wände parallel zur Fassade angeordnet. Zwei Aufgänge haben die Gebäude, deren Geschosshöhe zwischen fünf bis elf variiert. Wie die WBS 70 ist auch die P2 recht flexibel. Die markanten „Bumerang“-Platten am Platz der Vereinten Nationen sind beispielsweise modifizierte P2-Bauten.

Wenn’s nicht mehr passt, wird’s passend gemacht

Spätestens als um die Jahrtausendwende der Leerstand im Ostteil Berlins einen Höhepunkt erreicht hatte, wurde die Platte zum Problem – und gleichzeitig zur Lösung. Denn das flexible Bausystem ermöglichte, Wohnungen geschossweise abzutragen und ganze Wohnblöcke umzugestalten. So geschehen in unserem degewo-Quartier in Ahrensfelde, im Norden Marzahns: Die Ahrensfelder Terrassen gelten als Vorzeigeprojekt des Stadtumbaus Ost. Weniger, aber bessere Wohnungen war das Ziel des Umbauprogramms. Die 16 Elfgeschosser des Bautyps WBS 70 wurden in Gebäude mit drei bis sechs Stockwerken umgewandelt, bekamen größere, moderne Küchen und neue Bäder.

Typenbau in Berlin heute

Die Zeit der Platte ist noch nicht vorbei, auch wenn wir sie heute wohl nicht mehr so nennen würden. Die landeseigenen Wohnungsgesellschaften, zu denen auch degewo gehört, setzen aus vielen Gründen auf Typenbauweise. Standardisierte und typisierte Entwurfselemente und Bauteile können nämlich nicht nur dazu beitragen, schneller zu bauen. Die Produktion von vielen dieser Elemente spart viel Geld, weil die Herstellungskosten reduziert werden. Wenn Sie das Thema interessiert, finden Sie in der Publikation „Typenbau Berlin“ (PDF, 5,7 MB) der landeseigenen Wohnungsunternehmen weitere Informationen zur Zukunft dieser Bauweise.