© Credits: Tina Merkau (Neubau) / Deutsche Post der DDR, Public domain, via Wikimedia Commons (Briefmarke)
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Warum heißt es ... Ludwig-Renn-Straße?

degewo-Mieterinnen und -Mieter kennen sie bereits: die Ludwig-Renn-Straße. Doch woher hat sie eigentlich ihren Namen? Wir reisen in die Vergangenheit und lernen ihren Namensgeber kennen.

Ganz schön verzweigt: Eine Eigenschaft, die die Ludwig-Renn-Straße mit dem Leben ihres Namensgebers gemeinsam hat. Heute bieten in der Straße am Marzahner Bürgerpark fünf moderne Wohngebäude von degewo viel Platz für ihre Mieterinnen und Mieter. In den 255 Wohnungen, verteilt auf fünf bis acht Stockwerke, haben viele Familien, Lebensgemeinschaften und Singles ein Zuhause gefunden. Doch wer war Ludwig Renn und warum trägt eine Straße im Berliner Osten seinen Namen?

Mehrere Soldaten in Uniform, die einen Schützengraben ausheben. Im Hintergrund zwei Offiziere zu Pferd, von welchen sich einer mit einem anderen Soldaten unterhält. Daneben steht ein weiterer Soldat mit einem Gewehr. © Credits: Imago / H. Tschanz-Hofmann
Im Ersten Weltkrieg leistet Ludwig Renn zunächst als Regimentsadjutant, dann als Kompanie- und Bataillonsführer den Dienst an der Westfront.

Mit Prinzen erzogen, als Kompanieführer gedient

Ludwig Renn war einer der bekanntesten Schriftsteller der DDR. Er entstammte einem sächsischen Adelsgeschlecht und wurde 1889 mit Namen Arnold Friedrich Vieth von Golßenau in Dresden geboren. Sein Vater war Mathematikprofessor und Prinzenerzieher am Dresdner Königshof, deshalb wuchs Renn zusammen mit dem sächsischen Kronprinzen auf und war auch lange mit ihm befreundet. Nach dem Abitur begannen die beiden gemeinsam ihre Offizierslaufban in der sächsischen Armee.

Vom Polizisten zum Dauerstudent

Nach seinem Dienst im ersten Weltkrieg wurde Ludwig Renn Hundertschaftsführer bei der Dresdner Sicherheitspolizei. Dort kam er 1920 zum ersten Mal mit – seiner Ansicht nach – ungerechtfertigter Polizeigewalt gegen Demonstrierende in Kontakt. Er weigerte sich, während eines Putschversuchs, auf revoltierende Arbeiter zu schießen und quittierte daraufhin den Dienst – ein entscheidender Wendepunkt im Leben des 31-Jährigen. Nun hatte er ausgiebig Zeit sich seinem Studium zu widmen. Insgesamt befasste er sich mit mehr als fünf Fächern, darunter russische Philologie, Kunstgeschichte, Jura und Archäologie. Während seiner Studienjahre bereiste Ludwig Renn Europa und Asien – und das zu Fuß.

Mehr als ein Protagonist: Der Beginn einer anti-konservativen Identität

1828 erschien Renns erstes Buch „Krieg“. Ein Roman gegen den Krieg, der ihn weltberühmt machte. Darin beschreibt und verarbeitet er seine eigenen Erlebnisse an der Westfront. Die Hauptfigur, ein einfacher Soldat, trägt den Namen Ludwig Renn. Nach seinem Eintritt in die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) und seiner Arbeit an der kommunistischen Zeitung „die Linkskurve“, wird dieser Name zu seinem Alias, unter dem er bis heute bekannt ist. Ludwig Renn verleumdete damit seine eigene Herkunft zu Gunsten seiner Überzeugungen, was den Beginn seiner Karriere als Autor und Journalist einläutete.

„Die hinten verstanden die Truppe nicht mehr, als es zum Stellungskrieg kam, und die Truppe glaubte alles besser zu wissen und wollte nicht mehr gehorchen, weil sie es ist, die die Opfer bringt.“ —  Zitat aus Ludwig Renns Roman „Krieg“

Auf der Flucht von Spanien bis Amerika

Als die Nationalsozialisten 1933 die Macht ergreifen, wird Ludwig Renn aufgrund seiner Arbeit mehrfach verhaftet und inhaftiert. Drei Jahre später gelingt es ihm, nach Spanien zu fliehen, wo er den spanischen Bürgerkrieg unterstützt. Beim Rückzug über Frankreich wird er erneut verhaftet und wieder befreit. 1941 gewährt man ihm in Mexiko Exil und er darf als Professor für europäische Geschichte und Sprachen unterrichten. Auch während eines sechsjährigen Aufenthalts in Amerika hört Ludwig Renn nicht damit auf, sich politisch für ein „freies Deutschland“ zu engagieren.

Eine Briefmarke mit einer Zeichnung von Ludwig Renn. © Credits: Deutsche Post der DDR, Public domain, via Wikimedia Commons
Neben Kinderbuchpreisen vom Ministerium für Kultur der DDR erhält Ludwig Renn zweimal den Nationalpreis der DDR.

Zurück in die Heimat: Von Kriegs- zu Kinderbüchern

1947 kehrt Ludwig Renn nach Deutschland zurück, wo er Mitglied der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) wird. In Dresden übernimmt er die Leitung des Kulturwissenschaftlichen Instituts und erhält die Ehrendoktorwürde der Technischen Hochschule Dresden. Vier Jahre später verschlägt es ihn nach Ostberlin. Renn arbeitet dort als Doktor und Schriftsteller und veröffentlicht neben antimilitaristischen Erlebnisberichten und autobiografischen Abhandlungen vor allem Kinderbücher. Ludwig Renn erhält sowohl staatliche als auch literarische Auszeichnungen für seine Werke und wird zum Ehrenpräsidenten der Deutschen Akademie der Künste ernannt, bevor er 1979 in Berlin verstirbt.

Ludwig Renn geht als Wiederstandkämpfer und antifaschistischer Intellektueller in die Geschichte ein. Heute tragen nicht nur Straßen, sondern auch eine Grundschule in Potsdam sowie ein Sportverein aus Berlin seinen Namen. Ganz sicher entdecken Sie bei einem Ihrer nächsten Ausflüge weitere Plätze, die Renns Namen tragen. An einen dieser Orte können Sie sogar Ihre Wäsche mitnehmen!

Serie: „Warum heißt es …?“

Wir nehmen Sie mit auf spannende Reisen durch die Straßen und auf die Plätze Berlins.

Erfahren Sie gemeinsam mit uns was hinter den Orten aus Ihrem Alltag steckt ­– von historischen Persönlichkeiten über kuriose Gegenstände und Berufsbezeichnungen bis hin zu einzigartigen Pflanzen.

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