Nightcaps Medusa © ALOMS
Nachbarschaft

Neue „Nightcaps“: Gemeinsam gegen Lichtverschmutzung

Ob blinkende Reklamen oder flackernde Fernseher: In Großstädten ist eigentlich immer das Licht an. Das hat nicht nur Einfluss auf Menschen, sondern wird zu einer Bedrohung für Insekten, Vögel und andere Tiere. In einem unserer Quartiere gibt es nun eine kreative Lösung gegen Lichtverschmutzung.

Wer durch das Brunnenviertel im Wedding spaziert, wird an manchen Orten verwundert stehenbleiben. Seit Oktober 2024 haben einige Straßenlampen im Kiez Kappen auf – sogenannte „Nightcaps“. Die ungewöhnlichen Skulpturen sollen Menschen und Tiere vor der voranschreitenden Lichtverschmutzung in Großstädten wie Berlin schützen und auf das Thema aufmerksam machen. Nun sind sechs weitere „Kopfbedeckungen“ für die Laternen dazugekommen – gemeinsam entwickelt von der Künstlerin Alona Rodeh und Familien aus der Nachbarschaft. Anlässlich der neuen „Nightcaps“ haben wir zur feierlichen Eröffnung im Brunnenviertel eingeladen.

Aus der Liebe zur Nacht

„Das Projekt ist ein Ergebnis meiner Liebe zur Nacht“, erklärt Alona Rodeh in ihrer Eröffnungsrede zu den neuen Nightcaps. Für die aus dem Ausland zugezogene Künstlerin war Berlin eine Offenbarung: Hier habe sie bemerkt, wie dunkel die Nacht in der Stadt sein kann. Doch auch in der deutschen Hauptstadt geht die Dunkelheit zunehmend verloren. „Es gibt immer mehr Bemühungen, uns auch während der Nacht wachzuhalten und zum Konsum anzuregen“, so die Künstlerin. „Viele Menschen schlafen nicht mehr gut. Insbesondere Tiere leiden unter dem Verlust der Dunkelheit. Das sorgt dafür, dass immer mehr Arten aussterben.“

Mit den Nightcaps möchte die Künstlerin auf die voranschreitende Lichtverschmutzung aufmerksam machen. Mit ihrer Idee für die „Nightcaps“ hat sie sich direkt an unser Quartiersmanagement gewandt. „Ich war direkt begeistert von dem Konzept“, erzählt Tanja Boettcher, Quartiersentwicklerin im Brunnenviertel. „Das Projekt ist allumfassend: Es ist durch den 3D-Druck der „Nightcaps“ aus recyceltem Material nachhaltig, es setzt sich für Artenvielfalt ein, schafft Identifikation im Quartier und sorgt für Austausch.“ Die erste Runde Nightcaps sei ein voller Erfolg gewesen: Bei nächtlichen geführten Spaziergängen konnten die kreativen Kappen im Einsatz bestaunt werden. Aber auch im Tageslicht sorgen sie immer wieder für lustige oder schöne Momente. „An einer Kita steht eine Laterne mit einer ‚Nightcap‘. Die Kinder dort sind sehr stolz darauf, jetzt eine Lampe mit Propeller-Kappe zu haben“, berichtet Boettcher.

Zuschauer bei der Eröffnung der Nightcaps © ALOMS
Basecap auf Laterne © ALOMS
Alona Rodeh erklärt dem Publikum ein Nightcap-Modell © ALOMS
Mas Nightcap-Modell des Nabu in Form einer Fledermaus © ALOMS

Mit Kunst Begegnung und Aufmerksamkeit schaffen

In der zweiten Runde „Nightcaps“ wurde nun bereits im Entstehungsprozess die Nachbarschaft miteinbezogen. In einem vom Städtebauförderungsprogramm "Sozialer Zusammenhalt" und dem Quartiersmanagement Brunnenstraße finanzierten Workshop mit der Künstlerin und unserem Quartiersmanagement konnten Familien aus dem Kiez ihre eigenen Entwürfe einbringen.

Wir wollten Ideen, die nicht nur funktional sind, sondern Spaß machen und aus der Nachbarschaft entwickelt werden.

- Alona Rodeh, Lichtkünstlerin

Einige der Entwürfe sind inzwischen zu „Nightcaps“ geworden und jetzt als Ausstellungsexponate unter freiem Himmel zugänglich. Im Hinterhof der Demminer Straße 8 steht nun „die Beduinin“. „Hier im Kiez gibt es viele muslimische Kinder“, erzählt Rodeh beim Rundgang durch die neuen „Nightcaps“. „Für sie war die erste Assoziation mit einer Kopfbedeckung nicht eine Käppi, sondern ein Kopftuch. Um aber nicht die ganze Laterne zu verstecken, ist daraus dieses Modell entstanden, das an die Kopftücher von Beduininnen erinnern soll.“

Mehr als Kunst: Artenschutz und Gemeinschaft im Fokus

Einen weiteren Workshop für die neuen „Nightcaps“ hat die Künstlerin gemeinsam mit der Naturschutzorganisation NABU gegeben. „Mit dem Projekt haben wir eine tolle Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Kunst“, betont Julia Lorenz, Projektleiterin „Artenschutz am Gebäude“ beim Landesverband Berlin. „Die Nightcaps bieten auf künstlerische, spielerische und wissenschaftliche Art die Möglichkeit, auf Lichtverschmutzung aufmerksam zu machen.“

Auch René Cuwry hat an dem Workshop mit NABU teilgenommen und bestaunt nun die fertigen „Nightcaps“ im Brunnenviertel. Er beschäftigt sich schon länger mit dem Thema Lichtverschmutzung und ist bei dem Verein „Paten der Nacht“ ehrenamtlich aktiv. Für ihn geht es bei den „Nightcaps“ vor allem um die mediale und öffentliche Aufmerksamkeit auf Lichtverschmutzung.

Ich finde es gut, wenn solche Anliegen von großen Wohnungsgesellschaften wie degewo unterstützt werden. Ich hoffe, es gibt noch weitere Projekte in anderen Stadtbezirken.

- René Cuwry, Mitglied im Verein "Paten der Nacht"

Dass solche Projekte nicht nur mediale Strahlkraft haben, sondern auch in der Nachbarschaft etwas bewegen können, erlebt auch Katrin Baba-Kleinhans, Abteilungsleitung in unserem Quartiersmanagement. „Wir wollen mit solchen Projekten Perspektiven öffnen und die eigene Identifikation mit dem Wohnumfeld stärken“, erzählt sie. „Die Menschen in unserem Kiez sollen sich hier zuhause fühlen. Wenn ich selbst aktiv werden und in meiner Nachbarschaft mitgestalte, dann kümmere ich mich auch anders um mein Wohnumfeld.“ Mit den neuen, selbstgestalteten „Nightcaps“ ist nun also ein weiteres Stück Zuhausegefühl ins Brunnenviertel eingezogen.