Der Lichtburgring in Berlin-Mitte ist eine Straße wie jede andere – und doch etwas Besonderes. Wir beleuchten die Geschichte, die hinter dem Namen steckt und nehmen Sie mit in eine Zeit, in der die Kinos noch heller strahlten als die Tanzlokale.
Dem Berliner Bezirk Mitte fehlt es nicht an geschichtsträchtigen Orten. Den Lichtburgring hat man nicht gleich als solchen unter Verdacht, denn dort sieht es eher modern aus. Seit 2020 dürfen hier viele neue degewo-Mieterinnen und Mieter 52 Wohnungen auf sechs Etagen bewohnen. Alle Wohnungen sind barrierearm gestaltet und verfügen über einen Balkon, der mit Blumen noch schöner wird. Doch was viele nicht wissen: Die namensgebende Lichtburg gab es tatsächlich! Hinter dem ungewöhnlichen Namen steckt eine faszinierende Geschichte.
Lichtburg: Architektur vom Feinsten
Namensgeber des Lichtburgrings ist ein ehemaliges Großkino im Bezirk Mitte. Damit ist es das erste Kino, nach dem eine Straße benannt wurde. Die Lichtburg wurde vor über 90 Jahren, am 1. Weihnachtsfeiertag 1929, eröffnet. Als Mittelpunkt der Gartenstadt Atlantic entwarf Architekt Rudolf Fränkel das aus zwei Flügelbauten bestehende Großkino. Besonders nachts waren alle Augen in den Himmel gerichtet, denn auf dem Dach des 40 Meter hohen Turms sorgten drei rotierende Marinescheinwerfer mit leistungsstarken 1.500-Watt-Lampen für eine atemberaubende Lichtshow. Aber auch die 15 senkrecht durchlaufenden Fensterbänder aus Glas zogen alle Blicke auf sich. Für angemessene Beleuchtung wurden rund 1.000 Glühbirnen eingesetzt, die hinter dem Opalglas um die Wette strahlten.
Ein Kino der Superlative
In den 1920er-Jahren lag das Kino nicht nur in Berlin voll im Trend und zog einen wahren Bauboom nach sich. Einige Kinos der Stadt hielten Platz für über 2.000 Gäste bereit. Auch die Lichtburg konnte mit 2.300 Sesseln, verteilt auf Parkett und Rang, aufwarten. So viele Plätze haben heutzutage nur große Multiplex-Kinos – in allen Sälen zusammen. (Zum Vergleich: Das Cinestar Sony Center kommt in acht Sälen auf 2.159 Plätze.)
Kinopionier Karl Wolffsohn prägte die Lichtburg
Kinopionier und Verleger Karl Wolffsohn betrieb ab 1931 die Lichtburg, musste sie aber nur acht Jahre später an die Nazis im Zuge der „Arisierung“ abtreten und den Kinobetrieb beenden. Auch der Betrieb der Lichtburg Essen wurde ihm verboten. Acht Monate hielten die Nazis ihn in sogenannter „Schutzhaft“ gefangen. Nach seiner Flucht nach Palästina kehrte der ehemalige Pächter Karl Wolffsohn 1949 noch einmal zurück nach Deutschland, um das von den Nationalsozialisten Geraubte zurückzugewinnen. Das gelang leider nur teilweise. Das Ende der Verhandlungen erlebte Karl Wolffsohn nicht mehr. Sein Sohn Max schloss den Prozess ab, der sich bis 1962 hinzog.
Die Lichtburg nach dem Zweiten Weltkrieg
Während des Zweiten Weltkriegs wurde das Haus stark beschädigt und nach Kriegsende von der Roten Armee zwischenzeitlich als Pferdestall genutzt. Nach einem erfolgreichen Betrieb als „Corso-Theater“ ab 1947 unter der Leitung des Kammersängers Walter Kirchhoff sorgte der Mauerbau für eine erneute Schließung des Hauses 1962. Es gab schlichtweg zu wenig Publikum im Einzugsbereich des Kinos. Vor dem Mauerbau war das Corso ein sogenanntes „Grenzkino“. Hier konnten beispielsweise während der Berlinale Kinogänger aus Ost-Berlin verbilligt Filme schauen. Nach ein paar Jahren als Lager für Weizen und Konserven erfolgte 1970 schließlich der Abriss des gesamten Gebäudes.
Die Lichtburg strahlt bis heute
Ein bisschen leuchtet die Lichtburg aber doch bis heute in der Behmstraße 9 in Gesundbrunnen. Hier kann die Skulptur „Phantom der Lichtburg“ besucht werden. Genau wie das große Kino kreiert auch sie in der Nacht eine ganz besondere Stimmung. Und auch der Lichtburgring, nur gut einen Kilometer entfernt, erinnert an diesen beeindruckenden Ort, an dem so viele Menschen große Unterhaltung gefunden haben.