Über ein halbes Jahrhundert: Marion und Klaus Liedtke wohnen seit 55 Jahren in der Krugpfuhlsiedlung. Warum sich ihr erster Besuch in der Siedlung anfühlte wie Urlaub, was heute schöner ist als damals und warum sie jedem empfehlen würden, dort zu wohnen – das erzählen sie uns lieber selbst.
Die dunkelblauen Fensterläden leuchten fröhlich mit dem hellblauen Himmel um die Wette und die Sonne bricht sich in den breiten Fensterfronten: Hier, in der Krugpfuhlsiedlung in Berlin-Britz, lebt der Geist der 1920er-Jahre noch heute in den klaren Formen, den dreieckigen Balkonen und den rund geschwungenen Torrahmen.
Krugpfuhlsiedlung: Neue Wohnungen für das Berlin der 1920er-Jahre
Die Krugpfuhlsiedlung wurde von den Architekten Paul Engelmann und Emil Fangmeyer entworfen und zwischen 1925 und 1927 erbaut. Schon damals herrschte in Berlin Wohnungsnot: Neue Häuser mussten her und die Krugpfuhlsiedlung wurde Ende der 1920er Jahre schnell zur neuen Heimat vieler Berlinerinnen und Berliner. Vor allem Menschen, die die der Arbeiterbewegung nahestanden und gewerkschaftlich organisiert waren, zogen zunächst hierher. Darunter waren auch jüdische Familien und viele Künstlerinnen und Künstler.
Ein dunkles Kapitel in der Geschichte der Krugpfuhlsiedlung
Nach der Machtergreifung der NSDAP 1933 mussten in den folgenden Jahren viele der hier ansässigen Familien vor der Verfolgung durch die Nationalsozialisten fliehen oder wurden in Konzentrationslagern interniert. Die frei gewordenen Wohnungen wurden schnell von Familien übernommen, die dem nationalsozialistischen Machtapparat nahestanden.
Hufeisensiedlung: Die extravagante große Schwester nebenan
Im Gegensatz zu ihrer etwas älteren und in ihrer Bauform extravaganten Schwester, der Hufeisensiedlung nebenan, wirkt die Krugpfuhlsiedlung eher heimelig. Wer durch die Straßen schlendert, stellt sich hinter den Fensterläden warme, lichtdurchflutete Räume mit verspielten architektonischen Details vor, in denen jemand Klavier oder Geige spielt.
Seit 55 Jahren in der Krugpfuhlsiedlung: Marion und Klaus Liedtke
In einer dieser Wohnungen leben Marion und Klaus Liedtke seit 53 Jahren: Bereits 1968 zog es sie in die Krugpfuhlsiedlung, zunächst für zwei Jahre in eine kleinere Wohnung in der Nachbarschaft. Als die Familie größer wurde, zogen sie 1970 in die Wohnung, in der sie noch heute leben. Fragt man sie nach ihrem ersten Eindruck von der Krugpfuhlsiedlung vor 55 Jahren, geraten sie ins Schwärmen: Traumhaft sei es hier gewesen, wie im Urlaub, so schön und sauber.
Neukölln, damals noch ganz ländlich
Marion Liedtke, geboren 1945 und aufgewachsen in Neukölln, ist gelernte Schneiderin. Klaus Liedtke, Jahrgang 1942, arbeitete viele Jahre auf dem Bau und später als LKW-Fahrer. Aufgewachsen ist er nebenan in Rudow, als die Gegend noch sehr ländlich war: „In meiner Jugend habe ich sogar noch den Bauern auf dem Feld geholfen, das gibt es heute in Rudow natürlich nicht mehr.“
Der Ort für eine ideale Kindheit
Klaus und Marion Liedtke haben ihre beiden Töchter in der Krugpfuhlsiedlung großgezogen und beschreiben ihre Kindheit dort heute als ideal: „Unsere Kinder hatten hier ihre Freundinnen, mit denen sie viel draußen waren“, erinnert sich Marion Liedtke. „Damals gab es noch viel mehr Natur in der Umgebung, das ist heute leider nicht mehr so.“ Eine der beiden Töchter wohnt seit 20 Jahren im selben Haus wie die Liedtkes – und auch die Enkelin ist hier aufgewachsen. Drei Generationen unter einem Dach.
Zum Einkauf geht es inzwischen nach Gropiusstadt
„Früher gab es hier noch viel mehr kleine Geschäfte. Ein Stück die Straße hinunter gab es einen Lebensmittelladen, daneben war der Blumenladen, ein Schreibwarengeschäft und ein Kartoffelladen. Um die Ecke hatten wir eine Drogerie, ein Reformhaus und einen kleinen Zeitungsladen“, erzählt Klaus Liedtke. Mittlerweile gibt es diese kleinen Läden nicht mehr, stattdessen fahren die Liedtkes heute zum Einkaufen in die Gropiusstadt. Der Lauf der Zeit macht auch vor Britz nicht halt.
Die Wiege von degewo
Die Krugpfuhlsiedlung markiert einen Anfang: Als eine der ersten degewo-Siedlungen finden Menschen hier seit fast 100 Jahren ein sicheres, bezahlbares Zuhause. Dass das so bleibt, hier und in unseren weiteren Quartieren, daran arbeiten wir auch 100 Jahre nach unserer Gründung jeden Tag mit Herz und Verstand.
Der Lieblingsort der Liedtkes ist heute schöner denn je
Der Lieblingsort des Ehepaars Liedtke in der Siedlung ist der Park am Buschkrug. Vor allem seit der Park vor einigen Jahren saniert wurde, sei er viel schöner geworden, freut sich Marion Liedtke. Früher, als die beiden noch eigene Hunde hatten, sei die Nachbarschaft besser vernetzt gewesen, weil man bei den regelmäßigen Spaziergängen immer wieder mit den Leuten ins Gespräch gekommen sei. Heute sei die Siedlung eher anonym, sagen sie. Klaus Liedtke bedauert das: „Wir wohnen sehr gerne hier und möchten unsere Wohnung nicht mehr missen, aber es wäre schön, mehr Leute aus der Nachbarschaft zu kennen.“
Ein guter Ratschlag zum Schluss
Würden sie die Krugpfuhlsiedlung Menschen empfehlen, die sich mit dem Gedanken tragen, hierher zu ziehen? „Auf jeden Fall“, sagt Marion Liedtke. „Ich würde jedem empfehlen, in die Krugpfuhlsiedlung zu ziehen. Es ist sehr ruhig und friedlich hier. Die Häuser sind sehr solide gebaut und degewo kümmert sich gut um uns, wenn wir ein Anliegen haben.“ Beim Gehen fragen wir die beiden noch nach ihrem Wunsch für die Zukunft. Klaus Liedtke lächelt zustimmend, als seine Ehefrau uns zum Abschied mitgibt: „Wir möchten in unserer Wohnung bleiben, solange wir leben.“ Und das sind hoffentlich noch viele schöne Jahre!