Kleidung, die zu groß oder zu klein geworden ist oder die wir einfach nicht mehr gerne tragen, wird oft gespendet. Doch wie funktioniert der Kreislauf dahinter – und ist wirklich jede Kleiderspende hilfreich? degewo schickte ein Paar Schuhe auf Reisen und begleitete sie bis zur Ausgabestelle der Berliner Stadtmission.
Immer mehr Menschen wollen Kleidung ein zweites Leben schenken. Und auch wir von degewo machen uns auf den Weg, einen Teil unserer Kleidung mit den bedürftigen Menschen in Berlin zu teilen. Neben zwei zu eng gewordenen Jeans und einigen Pullovern bringen wir ein Paar Sportschuhe in Größe 42 zum Textilhafen der Berliner Stadtmission. Die Einrichtung in der Storkower Straße 139b ist weit mehr als eine Sammelstelle: Seit 2019 durchlaufen Spenden hier den Kreislauf Sortierung – Kleiderkammer - Secondhand – textiles Upcycling.
Der Großteil der Spenden ist leider untragbar
Vor Ort angekommen, sind wir erschlagen von den Massen an Beuteln, Tüten und Wäschebergen. Derzeit werden pro Woche rund 2.000 blaue Säcke abgegeben oder angeliefert. Zu dieser Jahreszeit werden neben Isomatten und Schlafsäcken besonders warme Jacken, Pullover und Jogginghosen dringend benötigt – für Männer. Doch das Problem: 80 Prozent der Kleiderspenden sind Mäntel, Röcke, Blusen, Unterwäsche – für Frauen. Im Gespräch erfahren wir: „Von allen Spenden in dieser Woche können leider knapp 90 Prozent nicht an Bedürftige weitergegeben werden, weil niemand im Winter Sommersachen trägt, die Kleidung stark verschmutzt oder zerrissen ist.
Gezielt spenden: Saisonal, tragbar, für Männer
Ein ganzes Team ist hier im Einsatz, um alle Spenden von Hand zu prüfen. Ist das Kleidungsstück sauber, funktional und tragbar? Fragen, die auch wir uns stellen müssen, denn hier liegt das große Problem: Von Spenderinnen und Spendern wird die Kleidung oftmals als „gut genug für Obdachlose“ betrachtet. Doch ist das würdevoll?
Kleiderspenden richtig auswählen
Zudem erkennen wir nach einem kurzen Blick auf die Wäscheberge, dass antizyklisch gespendet wird: Im Winter wird Sommerkleidung, im Sommer Winterkleidung aussortiert. Doch ein sommerliches Kleid in Größe 32 ist für bedürftige Männer wenig hilfreich. Im Zweifelsfall sollten wir uns also fragen, ob das Stück nicht besser im Freundeskreis weitergegeben werden sollte.
So beginnt der Textilkreislauf: Sortieren und den Kleiderkammern zuführen
Wir sind gespannt, ob unsere Spenden die Anforderungen erfüllen. Das Paar Schuhe ist wie neu, es wird dringend gebraucht und landet sofort in der beschrifteten Transportkiste für die Kleiderkammer in der Lehrter Straße nahe des Berliner Hauptbahnhofs.
Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sortieren Spenden mit dem Ziel, in erster Linie den Menschen zu helfen, die die Kleidung dringend benötigen. Das heißt, die Belieferung der Kleiderkammern hat immer den Vorrang. Nur Textilien, die dort nicht gebraucht werden können, gelangen in den Verkauf. So wie unsere weiße Weste: Sie ist zu weiß für die Straße.
Teil 2 des Textilkreislaufs: Ungeeignete Kleidungsstücke verkaufen
Solche und auch neonfarbene Kleidung fällt auf der Straße zu sehr auf und ist daher für die Ausgabe nicht geeignet. Es wird geprüft, ob diese Stücke an Frauenhäuser weitergegeben werden können oder sie sich in den Secondhand-Kiezläden verkaufen lassen. Damit können auch Menschen angesprochen werden, die den Besuch einer Kleiderkammer scheuen. Die Erträge aus diesen Verkäufen kommt wieder der Obdachlosen- und Flüchtlingsarbeit der Berliner Stadtmission zugute, ein Teil auch dem Kältebus, den Wärmestuben oder den Notunterkünften.
Teil 3 des Textilkreislaufs: Upcycling
Um nachhaltig zu handeln, geht die Stadtmission nun einen Schritt weiter. Aus einigen aussortierten Stücken wird etwas Neues gezaubert: Aus Pullovern mit kleinen Löchern werden Schals oder Mützen, aus Fast-Fashion-Shirts werden Unterhosen und aus Bettwäsche Wäschesäcke genäht. Und diese Stücke haben sogar ein Designer-Label: WaterToWine – Wasser zu Wein. Aus aktuellem Anlass werden aus Bettwäsche unter der Marke "Berliner Schnauze" Mundmasken genäht.
Mit Hand und Herz: Ausgabe an Bedürftige
Unser Paar Schuhe geht nun auf Reisen. In einem LKW voller Transportkisten geht es vom Prenzlauer Berg zur Kleiderkammer in der Lehrter Straße am Berliner Hauptbahnhof. Hier werden die Kleiderspenden für die schnelle Ausgabe in Regalen sortiert. Schon bald hat unser Paar Schuhe einen neuen Träger gefunden.
Wie können Sie der Berliner Stadtmission helfen?
Auf der Seite der Berliner Stadtmission können Sie sich informieren, welche Spenden derzeit dringend benötigt werden. Auch Hygieneartikel wie Duschgel, Zahnbürsten und -pasta sowie Rasierzeug werden ganzjährig gebraucht. Vielleicht kommt für Sie auch ein ehrenamtliches Engagement in Frage? Mehr Infos dazu gibt es hier.