Über die Gropiusstadt wird viel geredet und vielleicht noch mehr geschrieben. Doch wie es sich dort wirklich lebt, wissen nur die Bewohnerinnen und Bewohner selbst. Bei unserem Besuch vor Ort haben wir Udo und Bärbel Schulte getroffen, die seit über 50 Jahren hier wohnen und die Siedlung ganz genau kennen.
Gropiusstadt: Wie alles begann
Wir haben mit zwei Menschen gesprochen, die es wissen müssen: Bärbel und Udo Schulte leben seit 1969 in ihrer Wohnung in der Wutzkyallee und kennen sowohl die Sonnen- als auch die Schattenseiten ihrer Siedlung. „Als wir im März 1969 hier einzogen, gehörten wir zu den ersten Mietern im Haus, ansonsten war hier fast alles noch Baustelle. Unsere Habseligkeiten haben wir damals über Bohlen und Bretter ins Haus getragen, denn der Boden vor dem Haus war noch nicht betoniert und total matschig“, erzählt Udo Schulte zu Beginn des Gesprächs im gemütlichen Wohnzimmer der beiden.
Moderne Architektur, viel Licht und ein toller Ausblick
Die Gropiusstadt im Süden Neuköllns grenzte damals direkt an die Mauer zu Ost-Berlin. Die neuen Wohnungen waren heißbegehrt, nicht nur wegen der modernen Architektur und der durchdachten Aufteilung der Wohnungen, sondern auch wegen des vielen Lichts, der reichlichen Grünflächen und des tollen Ausblicks, den man von den hoch aufragenden Gebäuden über die Stadt hat. Ganz anders als in den Berliner Altbauten mit ihren vielen dunklen Hinterhöfen, in die sich nur selten ein Sonnenstrahl verirrt.
Nachbarschaftliche Vernetzung und viele Kinder im Haus
Auch die Schultes, die vorher in Schöneberg gewohnt hatten, verliebten sich auf den ersten Blick in die Siedlung: „Unsere große Tochter war damals vier Jahre alt und ich war mit unserer zweiten Tochter schwanger,“ erinnert sich Bärbel Schulte an diese Zeit, „da war es toll, etwas mehr Platz und sogar einen Fahrstuhl im Haus zu haben.“ Nach dem Einzug hätten sie schnell Kontakt zu den anderen Familien aus der Nachbarschaft gefunden, erzählen sie beide, und die Töchter hätten viele Freundinnen und Freunde in der Siedlung gehabt.
Kindergeburtstag in der Gropiusstadt: Kuchen für das ganze Haus
Udo Schulte arbeitete 38 Jahre lang in der Logistik von Daimler-Benz, Bärbel Schulte kümmerte sich zu Hause um die beiden Kinder. „Wenn wir damals bis 10 Uhr morgens nicht auf dem Spielplatz vor dem Haus waren, haben die Nachbarskinder unten geklingelt und gefragt, wo wir bleiben“, schwärmt Bärbel Schulte von der guten Atmosphäre unter den Familien im Haus. Auch die Kindergeburtstage wurden immer mit der ganzen Nachbarschaft gefeiert: „Wenn die Kinder Geburtstag hatten, haben wir einen langen Tapeziertisch auf den Hausflur gestellt und es gab Kuchen für alle“, erzählt sie.
So war das Leben im Süden Neuköllns in den 1970er- und 1980er-Jahren
Das Image der Gropiusstadt als Problemviertel, das in den 1970er- und 1980er-Jahren – spätestens mit Christiane F.s Autobiografie „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ – entstand, können die beiden nicht bestätigen. In den ersten Jahrzehnten sei es in der Neubausiedlung sehr friedlich zugegangen, alles sei sauber und ordentlich gewesen.
Wenn ich nach Hause komme, ist die Welt in Ordnung. degewo lässt uns Mietern auch weitgehend freie Hand und mischt sich in nichts ein, das schätze ich sehr.
Heute gibt es weniger nachbarschaftlichen Kontakt
Zum großen Bedauern der Schultes ist die Stimmung im Haus heute nicht mehr so gut: „Viele der alten Mieterinnen und Mieter, die wir gut kannten, sind nach und nach weggezogen oder gestorben, und zu den neuen Menschen aus der Nachbarschaft haben wir kaum Kontakt“, sagt Udo Schulte.
Im eigenen Heim ist die Welt noch in Ordnung
Manchmal hätten sie schon überlegt, wegzuziehen – auch um näher bei ihren Kindern und Enkelkindern zu sein, die nicht mehr in Berlin leben. Aber in ihrer Wohnung fühlen sie sich nach wie vor sehr zu Hause und wollen sich eigentlich gar nicht trennen. „Wenn ich nach Hause komme“, sagt Udo Schulte, „und die Wohnungstür hinter mir schließe, ist die Welt wieder in Ordnung. degewo lässt uns Mietern weitgehend freie Hand und mischt sich in nichts ein, das schätze ich sehr.“
Für lebendige Quartiere!
Auch im Jahr unseres 100-jährigen Bestehens setzen wir uns für aktive Nachbarschaften ein, die das Wohnen lebenswert machen. So unterstützen wir beispielsweise das Wutzky mit Veranstaltungen, wechselnden Aktionen und saisonaler Dekoration, um die lebens- und liebenswerte Atmosphäre des Kiezes zu stärken. Vom Sankt-Martins-Umzug über den vorweihnachtlichen Märchentruck über das jährliche Sommerfest und monatliche Aktionen, bei denen gemeinsam gebaut, gebastelt oder geschlemmt werden kann, ist das ganze Jahr über etwas für jeden Geschmack dabei.
Udo Schulte: Passionierter Hobbyfotograf mit eigener Ausstellung
Doch auch außerhalb der eigenen vier Wände setzt sich Udo Schulte nach wie vor mit der Gropiusstadt auseinander – auch in Kooperation mit degewo. So hat der passionierte Hobbyfotograf den Umbau des Wutzky Einkaufscenters fotografisch dokumentiert. Im fertigen Center hatte er später sogar eine eigene Fotoausstellung in der neuen Galerie, Vernissage und Sektempfang inklusive.
Gemeinschaftsgefühl: Wichtig für gutes Wohnen
Für die Zukunft wünschen sich Bärbel und Udo Schulte, dass wieder mehr Leben in ihr Quartier kommt und mehr Kontakte zu den Menschen in der Nachbarschaft entstehen. Nachbarschaftliches Engagement und Vernetzung liegen auch uns bei degewo am Herzen, denn zum guten Wohnen gehört auch das Gemeinschaftsgefühl. Mit Initiativen wie dem Nachbarschaftstreff, der Gärtnersprechstunde, Kunstveranstaltungen, dem seit letztem Jahr stattfindenden Kiezkonzert auf dem Rotraut Richter Platz und dem jährlichen Sommerfest wollen wir den Austausch zwischen Nachbarinnen und Nachbarn fördern. Vielleicht ist ja auch etwas für die Schultes dabei?