Parallel zum Fluss Dahme, einem Nebenarm der Spree, verläuft die Wendenschlossstraße durch den Berliner Bezirk Treptow-Köpenick. Aber woher kommt eigentlich der Name „Wendenschlosstraße“ und was hat er mit einem Fährmann zu tun? Mehr erfahren Sie hier im degewo-Blog.
Prunkvolle historische Villen, kleine geduckte Backsteinhäuschen, moderne Mehrfamilienhäuser, einige Supermarkfilialen und ein Neubau von degewo: Die Wendenschlossstraße im gleichnamigen Ortsteil Wendenschloss in Treptow-Köpenick vereint auf ihren 4,1 Kilometern eine große Vielfalt miteinander. Grund genug, sich zu fragen, was eigentlich hinter dem Namen „Wendenschloss“ steckt. Wir haben nachgeforscht, einige erstaunliche und geschichtsträchtige Dinge ans Licht gebracht und nehmen Sie mit auf einen Ausflug zu den Ursprüngen der Wendenschlossstraße.
Fährmann Wöse und das Wendenschloss
Im Jahr 1880 errichtete der Fährmann Wöse an den Ufern des Flusses Dahme im nahe Berlin gelegenen Örtchen Eichhorn ein herrschaftlich anmutendes Gasthaus und nannte es Wendenschloss. Praktisch für den Besitzer Fährmann Wöse lag das Gasthaus direkt neben seiner Fähranlegestelle, von der man über die Dahme nach Grünau übersetzten konnte. Wegen seiner idyllischen Lage wurde das Gasthaus Wendenschloss bald zu einem beliebten Ausflugsziel für Berlinerinnen und Berliner.
Nach und nach entstand um das Gasthaus herum ein Villenviertel, das den Namen Wendenschloss übernahm und in Teilen bis heute besteht. Im Jahr 1905 wurde der Ort Eichhorn dann in Wendenschloss umbenannt. Bis heute tragen Viertel und Straße diesen Namen, anders als das namensgebenden Gasthaus, dass heute leider nicht mehr existiert.
Das Ende des Wendenschlosses
Doch bevor das Gasthaus Wendenschloss sein Ende fand, hat es noch eine wichtige Rolle in der Geschichte gespielt: Hier wurde im Jahr 1945 nach Ende des 2. Weltkrieges die Berliner Erklärung der Alliierten Streitkräfte unterzeichnet. Daraufhin wurde es als historischer Ort unter Denkmalschutz gestellt, was es schließlich jedoch nicht retten konnte. Nach der Wiedervereinigung wurde das Wendenschloss an ein Bauunternehmen verkauft und abgerissen. So besteht vom Wendenschloss heute nur noch der Name, und um mehr über dessen Ursprung zu erfahren, müssen wir noch etwas tiefer in die bewegte Vergangenheit des Berliner Umlands einsteigen.
Woher kommt der Begriff „Wenden“?
Der Begriff „Wenden“ tauchte erstmals um das 6. Jahrhundert nach Christus auf und bezeichnete slawische Stämme, die aus Osteuropa abwanderten und sich im Westen niederließen – unter anderem in dem Gebiet im heutigen Treptow-Köpenick entlang der Dahme, durch das heute die Wendenschlossstraße führt. Ein kleiner Fakt am Rande: Die Bezeichnung „Wenden“ beruht auf dem Schreibfehler eines römischen Beamten. Eigentlich geht er auf das Wort „Vendi“ zurück, den Namen eines nichtslawischen Stammes, der in Oberitalien angesiedelt war. Später im Mittelalter wurde er zu einer Sammelbezeichnung für süd- und osteuropäische Völker, die sich in Westeuropa angesiedelt hatten. Von den Wenden also ließ sich der Fährmann inspirieren und benannte sein Gasthaus nach ihnen.
Worauf warten Sie? Schuhe an und raus in den Kiez! Ein kleiner Spaziergang durch Treptow-Köpenick, einen der waldreichsten Bezirke Berlins lohnt sich jetzt erst recht.