Was haben ein Flugsimulator und das degewo-Büro gemeinsam? Eine ganze Menge, findet André Jödicke. Der Vertragsmanager hat in den 30 Jahren seiner Firmenzugehörigkeit eine Branche im Umbruch erlebt. Eine Interviewreise von Tempelhof über Köpenick nach China.
Ein Fax hat André Jödicke schon lange nicht mehr verschickt. Doch 1994, als er seine Berufslaufbahn in der Immobilienwirtschaft begann, war das neben dem Telefon eines der wichtigsten Kommunikationsmittel. Inzwischen sind nicht nur die piependen Faxgeräte verschwunden. Auch der massenhafte Wohnungsleerstand Anfang der 1990er-Jahre hat sich ins Gegenteil verkehrt. Doch von vorne:
degewo | Herr Jödicke, in Ihrer langen beruflichen Laufbahn bei degewo haben Sie viele Veränderungen erlebt. Können Sie uns von Ihrem ersten Arbeitstag bei degewo berichten? Wie kam es überhaupt dazu?
André Jödicke | Genaugenommen fing ich gar nicht bei degewo an, sondern 1994 bei der Köpenicker Wohnungsgesellschaft.
Sie sprechen von der KÖWOGE, die ein Jahr später ein Tochterunternehmen von degewo wurde. Sie entstand nach der Wiedervereinigung durch Umwandlung der Kommunalen Wohnungsverwaltung Köpenick.
Die bevorstehende Eingliederung der KÖWOGE war an meinem ersten Arbeitstag schon spürbar, überall war die DDR-Ausstattung neuen Büromöbeln gewichen. Die einzigen Relikte aus Ostzeiten waren die auffällig zahlreichen Tischdeckchen, die überall verteilt waren. Die habe ich dann erst einmal höflich aber bestimmt zusammengefaltet. (lacht)
Abgesehen von der Tischdekoration, wie hat sich die Arbeitswelt seit Ihrem ersten Tag verändert?
Ich habe in meiner Berufslaufbahn die ganze Entwicklung des Mobiltelefons mitbekommen, von der Größe eines Koffers bis zum iPhone. Während die ersten Rechner in unseren Büros noch mit großen Lüftern ausgestattet waren, ist die IT heute geräuschlos. Oder wenn Sie an die Kommunikation denken! Das Fax war damals nicht wegzudenken und ist aktuell fast bedeutungslos.
Auch die Wohnungsfrage in Berlin hat sich im Laufe Ihres Berufslebens verändert.
Das ist richtig. Ich erinnere mich an die koreanische Delegation, die in den 2000er-Jahren in Marzahn unseren Leerstand gezeigt bekam. Die Delegationsteilnehmer dachten sofort an eine Sanierung, wir sagten ihnen jedoch, dass wir die Wohnungsbestände abreißen, da wir keine Verwendung mehr dafür haben. Da haben wir aktuell eine ganz andere Situation.
Sie haben nicht nur diesen, sondern dutzende Delegationsbesuche aus aller Welt miterlebt. Erstaunt Sie das Interesse internationaler Wohnungsunternehmen an den degewo-Projekten?
Die vielen Besuche von Delegationen aus Europa, China und Korea waren schon beeindruckend. Ich erinnere mich gerne an die große Resonanz, auf die unsere Forschungsvorhaben zu transparenter Wärmedämmung und Wohnungslüftung in Berlin-Friedrichshagen gestoßen sind. Das Modell zur Wärmedämmung an Plattenbauten war zu dieser Zeit deutschlandweit einzigartig. Daher erstaunt es mich nicht, dass es dafür auch international viel Interesse gab. Unser Know-how in Sachen Sanierung ist stark nachgefragt. Die eben erwähnten Forschungsvorhaben waren dann auch Anlass für meine dreiwöchige Vortragsreise durch die Volksrepublik China im Jahr 2010.
Sie waren damals für die Instandhaltungssteuerung zuständig und reisten im Auftrag der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) ins Reich der Mitte. Ist Ihnen etwas besonders in Erinnerung geblieben?
Im chinesischen Jinan begrüßte ich den vollbesetzten Tagungsaal mit „nín hăo“, dem chinesischen „Guten Tag“, daraufhin brandete ein lauter Beifall auf. Es war für mich beeindruckend, mit was für einer Wertschätzung und Freundlichkeit man mir dort begegnete. Und es hat mir bestätigt: Auf andere Menschen mit Offenheit und freundlichen Gesten zugehen erleichtert das Leben für alle Beteiligten. Übrigens auch hier in Deutschland.
Das klingt auch nach einer guten Devise für Ihren Job bei degewo.
Offenheit und Freundlichkeit gehören definitiv zum Vertragsmanagement. Auch dass man ehrlich auftritt und Verhandlungsergebnisse transparent und zeitnah darstellt. In meinem Geschäftsbereich müssen wir die optimale Leistung zum günstigsten Preis vertraglich binden. Das ist immer eine Herausforderung. Am Ende profitieren davon aber alle gleichermaßen, unsere Mieterinnen und Mieter, unsere Rahmenvertragspartner und degewo selbst.
Wir gestalten die Zukunft der Stadt
In unserer 100-jährigen Unternehmensgeschichte hat sich die Immobilienwirtschaft stark gewandelt. Die Herausforderungen unserer Zeit lassen sich zwar nicht von Einzelnen bewältigen, jedes einzelne Talent jedoch ist ein Baustein dafür. Darum suchen wir stets kluge Köpfe mit frischen Ideen, die Berlin gestalten wollen.
Wenn man auf Ihren Schreibtisch schaut, würde man gar nicht vermuten, dass Sie eine Vielzahl von Verträgen gleichzeitig managen.
Wenig zu tun habe ich nicht, aber hohe Stapel von Vorgängen auf dem Schreibtisch versetzen mich schnell in Panik. Bei mir muss alles Struktur haben.
Jemand wie Sie, der alles gut strukturiert und plant, hat dann bestimmt auch schon darüber nachgedacht, was die Zukunft bringt. Wo verbringen Sie, wenn es so weit ist, Ihre wohlverdiente Rente?
Zunächst habe ich meine wöchentliche Arbeitszeit reduziert, sodass der Übergang nicht ganz so abrupt ist. Die gewonnene Zeit kann ich gut nutzen, denn meine Familie, ein Niedrigenergiehaus, der Umbau von einem Zier- in einen Nutzgarten, ein Hund und mein Hobby fordern mich schon. Ich habe aber deswegen nicht gleich vor, zum nächstmöglichen Zeitpunkt in Rente zu gehen. Ich kann bei degewo meine Erfolge – na klar, manchmal auch meine Niederlagen – organisieren. Solange das in einem so tollen Team für mich möglich ist, möchte ich das auch gerne fortführen.
Das klingt nach einem tollen Plan! Vielen Dank für das Gespräch und die spannenden Einblicke. Eine Frage haben wir aber noch. Das eben erwähnte Hobby – was hat es damit auf sich?
Dazu muss man wissen, dass ich in der Einflugschneise des Flughafens Berlin-Tempelhof aufgewachsen bin. Die Karriere als Pilot hat nicht geklappt, aber ich habe die Flugsimulation für mich entdeckt und habe so auch nach der Stilllegung des Innenstadtflughafens eine Verbindung zur faszinierenden Welt der Luftfahrt. Nebenberuflich bin ich jetzt als Instruktor in einem Simulator des Airbus A320 am Flughafen BER tätig. Das hat durchaus einige Parallelen zur Arbeit bei degewo, denn es gibt immer wieder Situationen im Cockpit, in denen man im Team an der besten Lösung arbeiten muss.