SOPHIA macht Berlin barriereärmer: Mit Hausnotruf, sozialer Betreuung und Wohnraumanpassungen unterstützt das Tochterunternehmen von degewo ältere Mieterinnen und Mieter dabei, lange selbstbestimmt zu wohnen.
SOPHIA ist für viele Berlinerinnen und Berliner längst ein vertrauter Name – doch was genau macht die Tochtergesellschaft von degewo und STADT UND LAND eigentlich? Im Gespräch erklärt Geschäftsführerin Melanie Rosliwek-Hollering, wie SOPHIA soziales Engagement und praktische Unterstützung für Mieterinnen und Mieter verbindet – und warum Barrierefreiheit kein Thema „nur fürs Alter“ ist.
degewo | Für alle, die SOPHIA (noch) nicht kennen: Was genau macht SOPHIA – und was unterscheidet Sie von anderen Anbietern?
Melanie Rosliwek-Hollering | Wir verstehen uns als sozialen Dienstleister für die Wohnungswirtschaft. Unser Tätigkeitsfeld ist breit: Vereinfacht gesagt – die Wohnungsunternehmen stellen die Wohnungen bereit, wir kümmern uns um die Menschen, die darin leben. So unterstützen wir Wohnungsunternehmen bei der Mieterbetreuung im Rahmen von Sanierungsmaßnahmen. Wir helfen bei Einkäufen, Krankentransporten oder wenn jemand seine Wohnung vorübergehend nicht verlassen kann.
Ein wachsender Bereich ist unsere Sozialberatung. Hier geht es um unterschiedliche Situationen im Mietalltag: Mediation, Unterstützung bei Mietschulden oder Hilfe in sozialen Notlagen – etwa bei demenziellen Erkrankungen, Messie-Haushalten oder familiären Konflikten. Darüber hinaus begleiten wir inzwischen auch Nachbarschaftsprojekte und Quartiersarbeit und betreiben heute elf Nachbarschaftstreffs in Berlin.
Ein Schwerpunkt liegt auf der Arbeit mit älteren Menschen. Wie unterstützen Sie diese konkret im Alltag?
Unsere Arbeit ist aus der Seniorenbetreuung heraus entstanden. Begonnen haben wir mit dem klassischen Hausnotruf und der Unterstützung durch Ehrenamtliche. Im Laufe der Jahre kamen Seniorenwohnhäuser hinzu, die wir im Auftrag der Wohnungsunternehmen betreuen. Dabei handelt es sich um reguläre Mietwohnungen, ergänzt durch eine Gemeinschaftsfläche im Erdgeschoss, die von uns mit Leben gefüllt wird. Unsere Häuser befinden sich in unterschiedlichen Quartieren, entsprechend verschieden sind die Themen. Gemeinsam ist allen Standorten, dass die Bewohnerinnen und Bewohner den persönlichen Kontakt sehr schätzen.
Ihre Arbeit ist also sehr vielfältig. Dazu gehört auch die Wohnraumanpassung – also der barrierearme Umbau der Wohnungen. Worin sehen Sie aktuell die größten Herausforderungen beim Thema altersgerechtes und barrierefreies Wohnen – und was braucht es dringend?
degewo ist hier bereits auf einem guten Weg. Allein die Möglichkeit, dass sich Mieterinnen und Mieter aktiv an uns wenden können, ist wichtig, denn es gibt einen erheblichen Mangel an seniorengerechtem Wohnraum. Wichtig ist, das Thema ganzheitlich zu betrachten. Selbst wenn eine Wohnung – etwa durch eine bodengleiche Dusche – angepasst wird, bleibt die Frage, wie das Wohnumfeld gestaltet ist. Barrieren enden nicht an der Wohnungstür. Wenn kein Aufzug vorhanden ist oder der Weg zur Wohnung zu steil oder uneben ist, hilft der Umbau im Inneren nur bedingt.
Wie wichtig ist frühzeitige Planung bei Neubau- oder Modernisierungsvorhaben, wenn es um Barrierefreiheit und Pflegeunterstützung geht?
Aus Sicht der Wohnungsunternehmen ist eine frühzeitige Einbindung entscheidend. Viele Fehler lassen sich vermeiden, wenn unsere Expertise in die Planung einfließt. Ein Beispiel: Bei einer Sanierung in einem Seniorenwohnhaus wurden neue Brandschutztüren eingebaut, die so schwer waren, dass viele Bewohnerinnen und Bewohner sie nicht mehr öffnen konnten. Türöffner waren nicht vorgesehen, und am Ende mussten Keile genutzt werden – wodurch der Brandschutz praktisch aufgehoben war. Solche Planungsfehler lassen sich leicht vermeiden, wenn man rechtzeitig miteinander spricht. Auch die Mieterinnen und Mieter selbst sollten frühzeitig über Anpassungen nachdenken. Viele scheuen die Investition oder möchten sich mit dem Älterwerden nicht befassen. Doch oft verlängern solche Maßnahmen die Zeit, in der man selbstbestimmt zu Hause leben kann – und sie erhöhen schlicht den Komfort.
Welche kleinen Veränderungen erleichtern älteren Menschen den Alltag in ihrem Wohnumfeld?
Es gibt viele kleine, aber wirkungsvolle Maßnahmen, die das Leben erleichtern. Ein gutes Beispiel sind elektronische Türöffner mit Transponder: Sie ermöglichen den barrierefreien Zugang – ob mit Rollator, Einkaufstasche oder Kinderwagen. Auch Abstellmöglichkeiten für E-Rollatoren, farbliche Orientierungshilfen in Treppenhäusern oder kontrastreiche Gestaltung von Türen und Wänden sind hilfreich. Gleiches gilt für schwellenlose Zugänge, barrierefreie Gemeinschaftsräume oder anpassbare Badezimmerspiegel. Wichtig ist, dass beim Bauen und Sanieren an alle Generationen gedacht wird.
Unser Ansatz ist, selbstständiges Wohnen so lange wie möglich zu ermöglichen – durch frühzeitige Organisation und passende Unterstützung.
Viele Menschen wollen so lange wie möglich selbstbestimmt zu Hause leben – wie unterstützt SOPHIA konkret dabei?
Unser Ansatz ist, selbstständiges Wohnen so lange wie möglich zu ermöglichen – durch frühzeitige Organisation und passende Unterstützung. Der Hausnotruf ist dabei ein zentrales Element. Es geht dabei weniger um das Alter, sondern um Sicherheit beim Alleinleben. Hinzu kommen Wohnraumanpassung, Pflegeberatung und die Begleitung bei organisatorischen Fragen. Darüber hinaus organisieren wir Mittagstische, Freizeitangebote und Beratungsgespräche. Unsere Servicezentrale ist für alle Fragen erreichbar – und unsere ehrenamtlichen Mitarbeitenden leisten Gesellschaft oder begleiten zu Terminen, wenn jemand Unterstützung braucht.
SOPHIA ist eine Tochtergesellschaft von degewo. Wie funktioniert die Zusammenarbeit im Alltag?
Die Zusammenarbeit ist eng und partnerschaftlich. Wir verstehen uns als Dienstleister für unsere Muttergesellschaften und tragen zugleich die Perspektive der Wohnungsunternehmen mit. Ein gutes Beispiel ist die Wohnraumanpassung, die wir in enger Abstimmung mit degewo durchführen. Die Kosten übernimmt das Unternehmen, Mieterinnen und Mieter müssen sich lediglich melden – wir kümmern uns um den Rest. Für Mieterinnen und Mieter sind wir dabei oft die angenehmere Anlaufstelle – gerade bei sensiblen Themen wie körperlichen Einschränkungen oder finanziellen Schwierigkeiten. Als neutraler, kompetenter Dritter können wir unterstützen, ohne dass sofort der Eindruck entsteht, der Vermieter sei involviert.
Sie haben betont, dass altersgerechtes Wohnen über die reine Wohnraumanpassung hinausgeht. Haben Sie ein Beispiel, das zeigt, wie dieser Ansatz etwa durch Begegnung oder gemeinschaftliche Angebote umgesetzt wird?
Ein besonders gelungenes Beispiel ist unser Quartierstreff „Emmi“ in der Mudrastraße in Lankwitz. Dort kommen viele Seniorinnen und Senioren, aber auch Studierende, Familien und Geflüchtete zusammen. Durch das Engagement vieler Ehrenamtlicher aus dem Quartier ist ein lebendiger Treffpunkt entstanden. Die Bewohnerinnen und Bewohner identifizieren sich stark mit dem Ort: Sie achten auf die Sauberkeit, pflegen die Hochbeete und übernehmen Verantwortung.
Was braucht es, damit altersgerechtes Wohnen künftig noch besser gelingt?
Vor allem braucht es vorausschauendes Denken. Barrierefreiheit und Barrierearmut sind keine Themen ausschließlich für ältere Menschen – sie erhöhen die Lebensqualität für alle Generationen. Wenn diese Aspekte frühzeitig in Planung und Bau einfließen, sind sie kaum mit Mehrkosten verbunden, haben aber eine große Wirkung. Altersgerechtes Wohnen sollte nicht als Sonderfall betrachtet werden, sondern als selbstverständlicher Bestandteil guten Bauens.
Vielen Dank für das Gespräch!