Luftbild von der Gropiusstadt in Berlin.
Stadtentwicklung | Stadtgeschichte

Von der „Schlafstadt“ zum aufgeweckten Quartier: Gropiusstadt mal anders

Unweit unserers Quartiers in der Krugpfuhlsiedlung befindet sich die Gropiusstadt. Einst als „Schlafstadt“ für Arbeiter konzipiert, hat sich das Quartier grundlegend gewandelt. Der Ruf eines Problemkiezes hängt der Gegend seit Christiane F.s „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ zwar hartnäckig nach. Aber wer einmal vor Ort war, wird entdecken, wie facettenreich das Quartier ist – und wie überraschend. Ein Streifzug zum 60-jährigen Geburtstag von Berlins bekannter Großsiedlung.

Gropiusstadt ist auf seine Art schön. Klar, Beton ist nicht jedermanns Sache, und die Zeit, als das Quartier sozialer Brennpunkt war, nicht lang her. Aber viel Grün, eine multikulturelle und aktive Nachbarschaft sowie die vielen Verkehrsanbindungen gestalten das Leben in Gropiusstadt angenehm. Und es gibt einiges zu entdecken.

Hochhäuser in Gropiusstadt

60 Jahre Gropiusstadt: Alte Antwort für neues Wohnen?

Reportage

von Jannis Hartmann | rbb24inforadio.de

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Berlins höchstes Wohnhaus: Ein atemberaubender Ausblick

Dreißig Stockwerke ragt das höchste Wohnhaus nicht nur von Gropiusstadt, sondern ganz Berlins in die Höhe. Das Haus birgt auch eine sportliche Herausforderung: Hier findet jährlich der „Tower Run“ statt, 465 Stufen und circa 100 Höhenmeter geht es aufwärts. 2020 ließ es sich der Sportsenator nicht nehmen, selbst den Startschuss zu geben. Der schnellste Runner schaffte es in 3:37,88 Minuten in den 29. Stock, der Rekord liegt bei 3:16 Minuten.

Hochhaus aus Froschperspektive an einem sonnigen Tag. © Credits: www.imago-images.de
Nachdem der Tower-Run 2021/22 ausgefallen ist, soll er im Januar 2023 endlich wieder stattfinden.

Kunst in der Gropiusstadt

Haben Sie gewusst, dass es in der Gropiusstadt richtig viel Kunst zu bestaunen gibt? Das Quartiersmanagements Gropiusstadt Nord hat einen Spaziergang [PDF, 1.1 MB] zusammengestellt, bei dem Sie sich ganz gemütlich und vollkommen kostenlos interessante Kunstwerke ansehen können. 

Eine abstrakte Skulptur aus teilweise rostigem Stahl die vor grünen Bäumen und Sträuchern steht. © degewo
Abstraktion | Material: Stahl | Künstler: Demetros Anastasatos | Jahr: 1965 oder 1971 | Ort: Johannisthaler Chaussee 328, Eingang zur Schule am Regenweiher | Der Kunstspaziergang beginnt abenteuerlich. Die erste Station ist hinter dem dichten Grün von der Straße aus nur schwer zu entdecken. Wie der Name schon sagt, wirkt die Skulptur abstrakt und futuristisch und erinnert stilistisch an Steam Punk.
Eine abstrakte Skulptur aus oxidierter Bronze auf einem Betonsockel vor grünen Sträuchern. Im Hintergrund hohe Wohnhäuser. © degewo
Schwingende Form | Material: Bronze | Künstler: Alfred Trenkel | Jahr: 1970 | Ort: Fußweg durch Grünzug Höhe Agnes-Staub-Weg | Station vier wirkt sehr dynamisch. Die Rundungen verleihen dem Kunstwerk aus schwerem Material optisch Bewegung.
Ein Kunstobjekt aus Stahlrohren: Zwei senkrechte Rohre auf denen jeweils ein flügelartiger Aufbau aus Stahlrohren sitzt. © degewo
Kinetisches Objekt | Material: Edelstahl | Künstler: Bernhard Wilhelm Blank | Jahr: 1999-2001 aufgestellt | Ort: Sportplatz Kölner Damm 36 | Das wohl größte der Kunstobjekte enthüllt erst beim Nähertreten seinen ganzen Zauber. Die horizontal angeordneten Teile der Konstruktion schweben geradezu auf den senkrechten Pfosten und drehen und bewegen sich, ohne sich dabei zu berühren.
Eine Steinmauer die durch unregelmäßig geformte Löcher im Material den Eindruck erweckt, zerbrochen zu sein. Das Objekt befindet sich im Eingangsbereich eines Schulgebäudes. © degewo
Getrennt – Zusammen | Material: Kunststein | Künstler: Günter Ohlwein | Jahr: 1967/1968 | Ort: Hermann-von-Helmholtz-Schule, Wutzkyallee 68 | Dieses Kunstwerk besteht eigentlich aus drei Teilen: Aus zwei stehenden Objekten auf dem Gehweg vor der Schule und auf dem Schulhof sowie einem liegenden Objekt in der Eingangshalle. Vom Gehweg aus sieht man allerdings nur das Objekt auf dem Foto. Aber auch dieses Teil allein wird seinem Namen gerecht.
Eine abstrakte Stahlskulptur mit vielen unterschiedlich angeordneten Streben auf einem runden, flachen Podest, das begehbar ist. Im Hintergrund Bäume und hohe Wohnhäuser. © degewo
Abstrakte Skulptur | Material: Edelstahl | Künstler: Demetros Anastasatos | Jahr: 1971 (unsicher) | Ort: Anne-Nemitz-Weg | Die willkürlich wirkenden Details der Skulptur bilden einen optischen Kontrast zu den geradlinigen, geplanten Gebäuden im Hintergrund.
Eine kegelförmige Skulptur, die mit hellen Ziegeln verkleidet ist. Auf der Spitze ein zylinderförmiger Aufbau aus einem anderen Material. Im Hintergrund ein Gebäude und ein Baum. © degewo
Brunnenskulptur | Material: Unbekannt | Künstler: Barna von Sartory | Jahr: 1973 | Die Brunnenskulptur, dessen Funktion mittlerweile außer Betrieb ist, wirkt futuristisch. Es sieht geradezu so aus, als verberge sich in ihr ein geheimer Eingang in den Untergrund.
Ein rechteckiges, grau-weißes Wandgemälde auf dunkelrotem Untergrund, in dem mehrfach in verschiedenen Schriftarten „Zwickauer Damm 12“ geschrieben wurde. © degewo
Wandmalerei | Material: Unbekannt | Künstler: Frank Beutel | Jahr: 2012 | Ort: Zwickauer Damm 12 Eingangsbereich | Das Gemälde vor dem Eingangsbereich des Gebäudes wirkt durch die Illusion von Schatten auf den ersten Blick fast dreidimensional.
Ein weißes, dreidimensionales, abstraktes Wandrelief auf dunkelrotem Untergrund. © degewo
Wandrelief | Material: Unbekannt | Künstler: Unbekannt | Jahr: Unbekannt | Ort: Zwickauer Damm 12 Eingangsbereich | Das Wandrelief wirkt als hätte jemand die Wand von hinten aus eingedellt. Die interessante Struktur zieht den Betrachter in seinen Bann.
Elf verschiedene, quadratische Wandbilder in bunten Farben auf einer dunkelroten Wand. © degewo
Bauhaus | Künstler: Schülerinnen und Schüler der Gropiusstadt | Jahr: 2013 | Ort: Zwickauer Damm 12 | Die Fliesenbilder wurden von Schülerinnen und Schülern der Gropiusstadt erstellt. Ihre Vorbilder sind Kunstwerke bedeutender Künstler des von Walter Gropius gegründeten Bauhauses gewesen.
Ein Fliesenbild an einem Gebäude, in dem das Gesicht von Joachim Gottschalk im vereinfachten, gezeichneten Stil zu sehen ist. © degewo
Erinnerung an Joachim Gottschalk | Künstler: Schülerinnen und Schülern der Gropiusstadt | Jahr: 2014 | Ort: Joachim-Gottschalk-Weg 1 | Auch diese Bilder wurden von Schülerinnen und Schülern kreiert. In der Umgebung finden sich einige von ihnen. Beim Betrachten entdeckt man immer wieder neue Details und Feinheiten.
Mehrere bunte Fliesenbilder auf hellgrauen Säulen. © degewo
Fliesenbilder Künstler: Schülerinnen und Schülern der Gropiusstadt | Jahr: 2016 | Ort: Joachim-Gottschalk-weg 10 und 12 im Durchgang | Diese Fliesenbilder wirken fast wie orientalische Wandteppiche. Die kontrastreichen Farben strahlen förmlich auf dem gedeckten Farbton der Säulen, auf denen sie angebracht sind.

Freizeit, Nachbarschaft, Bewegung: Das Engagement von degewo in Gropiusstadt

Ein Viertel der insgesamt 36.000 Einwohnerinnen und Einwohner von Gropiusstadt wohnt bei degewo. Und es werden immer mehr. Bis 2022 kommen 600 Wohnungen von degewo dazu, unter anderem im Theodor-Loos-Weg. Nicht nur Wohnqualität und viel Grünflächen machen Gropiusstadt so lebenswert, sondern auch das Miteinander unserer Mieterinnen und Mieter. Besonders Familien und ältere Menschen leben hier. Entsprechend vielfältig sind die sozialen Aktivitäten: Sankt-Martins-Umzüge, degewo-Schülertriathlon und Puppenspiel für die Kleinen, Nachbarschaftstreffs, Gärtnersprechstunde und Kunstevents für die Älteren, das jährliche Sommerfest für alle.

Mittelpunkt des Geschehens ist oft das Wutzky, in Gropiusstadt kennt es jeder. Als Zentrum für Nahversorgung bietet es alles von Einkaufsmöglichkeiten über Arztpraxen bis zu Bildungs- und Sportangeboten.

Auch im Friedrich-Kayßler-Weg bewegt sich was. Auf knapp 9.000 Quadratmetern Wohnfläche entstehen bis 2023 im Auftrag von degewo 151 neue Wohnungen. Die zukünftigen Mieterinnen und Mieter dürfen sich hier auf modernen und energieeffizienten Wohnraum freuen. Die Fernwärmenutzung aus dem Holzheizkraftwerk Neukölln ist ökologisch nachhaltig und CO₂-frei. Zwischen Park und Einkaufszentrum gelegen, ist Erholung garantiert, denn der Einkauf und der Arztbesuch sind schnell in der Nähe erledigt.

Eine Person blickt in die Kamera. Sie trägt ein kariertes Jacket und Fliege. © Credits: Hans G. Conrad, Sammlung René Spitz, commons.wikimedia.org
Walter Gropius im Portrait, 1955

Und was hat Walter Gropius damit zu tun?

Namensgeber der Siedlung ist Walter Gropius, der weltberühmte Bauhaus-Meister. In seinen letzten Lebensjahren zog es den gebürtigen Berliner immer wieder in die Heimat, zum Bauen. Vor den Nazis ins Exil geflohen, lebte der Architekt seit 1937 in den USA und schuf dort so bedeutende Bauten wie das ehemalige Pan Am Building (heute MetLife Building). In Berlin setzte er seine Theorie des Massenwohnbaus in die Praxis um. Die „Satellitenstadt“ Gropiusstadt ist ein Zeugnis davon. Zur Grundsteinlegung zusammen mit Willy Brandt 1962 reiste er persönlich an.

Nicht alles lief nach Plan in Gropiusstadt. Der Meister und sein Büro „The Architects Collaborative“ (TAC) hatten eine lockerere Bebauung vorgesehen. Gropius schwebte ein überschaubares Wohnviertel vor, maximal Zehngeschosser, große Grünflächen. Der Bau der Berliner Mauer machte ihm einen Strich durch die Rechnung: Urplötzlich konnte West-Berlin nicht mehr nach außen wachsen, sondern musste sich verdichten. Immer mehr Wohnungen sollten nun in Gropiusstadt entstehen, fast 5.000 mehr als geplant.

Sie sind Mieterin oder Mieter bei degewo in Gropiusstadt?

Dann haben wir ein besonderes Angebot für Sie: In Kooperation mit der Bibliothek im Gemeinschaftshaus Gropiusstadt können Sie einen kostenlosen Jahresausweis für die öffentlichen Bibliotheken Berlins erhalten!

Durch Sanierungen und Neubau zur lebenswerten grünen Stadt

Ab den 1980er-Jahren als sozialer Brennpunkt bekannt, ruft das Wort „Gropiusstadt“ auch heute noch bei vielen Erinnerungen an die Zeit von Christiane F.s Großstadtroman „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ hervor. Doch seitdem hat sich viel geändert. Die vielen Grünflächen, die Gropius’ ursprünglicher Entwurf vorsah, wurden nach und nach hinzugefügt. Sogar ein Vogel- und Landschaftsschutzgebiet existiert hier. Großflächige Sanierungen und Neubauprojekte machen den Ortsteil wohnlicher.

Allerdings prägen nicht nur Neubauten das Straßenbild in Gropiusstadt – Denkmalpflege wird hier groß geschrieben. Hier steht zum Beispiel die älteste erhaltene Mühle Berlins: die Jungfernmühle. Mehl gemahlen wird hier nicht mehr, heute beherbergt die achteckige Mühle ein Restaurant. Daneben beherbergt Gropiusstadt zwei weitere und drei großflächige Denkmalbereiche. Auch der Gartenhof des eingangs erwähnten Gropiushochhauses, das mit seiner Hufeisenform an die Hufeisensiedlung in Britz erinnert, steht unter Denkmalschutz. Auch im nächsten Jahr wird hier wieder das Rennen um den schnellsten Treppenaufstieg starten. Vielleicht wird dann der bisherige Rekord gebrochen?