Der Kinderkeller im Kulturhochhaus Marzahn ist seit fast 30 Jahren eine Anlaufstelle für Kinder und Jugendliche. Die Leiterin Marina Bikádi und ihre Kollegin Suzanne Stecher erzählen aus dem Projektalltag an einem ganz besonderen Ort.
Auf den ersten Blick unterscheidet sich das Hochhaus in der Wittenberger Straße 85 kaum von den Plattenbauten in der Umgebung. Nur der untere Teil der Fassade, himmelblau mit kleinen Wölkchen bemalt, lässt erahnen, dass hier etwas anders ist. Marina Bikádi und ihr Team vom Kinderring Berlin e. V. erwarten uns schon freudig am bunt ausgeschilderten Eingang:
Ein Ort für Kinder und Jugendliche: Der Kinderkeller Marzahn
In dem Haus, das auch Kulturhochhaus Marzahn genannt wird, befindet sich seit fast 30 Jahren der Kinderkeller Marzahn – ein Treffpunkt für Kinder und Jugendliche zum Spielen, für Freizeitaktivitäten oder zur Hausaufgaben- und Lernbetreuung. Der Kinderkeller war Anfang der 1990er-Jahre der erste seiner Art im Berliner Stadtgebiet. Damals habe man gemerkt, dass es einfach zu wenige Orte für Kinder und Jugendliche in der Stadt gibt, erinnert sich Marina Bikádi. So wurden die Kellerräume des Hauses zum Treffpunkt für Marzahner Kids ausgebaut. Auch in anderen Stadtteilen entstanden nach und nach weitere Kinderkeller, doch nur der in der Wittenberger Straße besteht bis heute.
Im Café des Kulturhochhauses kommt Marzahn zusammen
Die Sozialpädagogin Marina Bikádi leitet den Kinderkeller seit 1998. Ihr Motto bei der Arbeit: „Es kommt nicht darauf an, wo man ist, sondern was man tut.“ Und getan wurde in den vergangenen 25 Jahren viel: Neben dem Kinderkeller gibt es im Kulturhochhaus ein Café, in dem sich die Anwohnerinnen und Anwohner treffen können, eine Pension und ein paar Häuser weiter das einzigartige Wohnprojekt JuLe, das Alleinerziehende unterstützt.
Die Menschen aus der Nachbarschaft bringen Leben ins Projekt
Suzanne Stecher aus der Nachbarschaft lernte den Kinderkeller über ihre Tochter kennen, die regelmäßig hierhin kam. Anfangs engagierte sie sich noch ehrenamtlich, mittlerweile ist sie als Erzieherin fest angestellt. Einen besseren Job, sagt sie voller Überzeugung, könne sie sich nicht vorstellen. Kinderkeller-Leiterin Marina Bikádi ist froh über die pädagogische Unterstützung und betont, wie wichtig es sei, dass sich gerade Menschen aus der Umgebung im Kinderkeller einbringen. Sie würden sich viel stärker mit dem Projekt identifizieren als Menschen, die nicht vor Ort wohnen.
Ein Highlight: Die Entwicklung der Kinder über Jahre mitzuerleben
Fragt man Marina Bikádi, was sie an ihrer Arbeit am meisten schätzt, muss sie nicht lange zögern. Für sie ist es etwas ganz Besonderes, die Entwicklung der Kinder und Jugendlichen über die Jahre mitzuerleben: „Wir wollen die Kinder hier fördern, aber auch fordern. Für mich ist es immer sehr bewegend, wenn Leute, die als Kinder ins Projekt gekommen sind, uns nach Jahren wieder besuchen und mittlerweile tolle Jobs haben. Ich glaube, für die Kinder ist es sehr wichtig, dass sie das Gefühl haben, dass sie unterstützt werden und dass sie auf ein Netzwerk zurückgreifen können“.
Hier werden junge Talente entdeckt und gefördert
Im Kinderkeller wurden auch schon einige künstlerische Talente entdeckt. Für Marina Bikádi ist das einer der schönsten Momente, weil sie hier aktiv unterstützen kann, wenn bei den jungen Menschen zu Hause die Zeit oder Mittel für künstlerische Entfaltung fehlen. „Wir haben hier Kinder mit ganz tollen Fähigkeiten, die zum Beispiel super zeichnen oder singen können“, sagt sie. „Oft werden diese Talente aber von den Eltern kaum unterstützt. Wir versuchen dann Wege zu finden, dass diese Kinder auch gefördert werden, indem wir sie zum Beispiel in der Jugendkunstschule anmelden.“
Stadtführungen durch Marzahn für die Gäste der Pension
Um Kinder und Jugendliche aus dem Stadtteil auch außerhalb der Schule zu fördern, wurde die Pension im Kulturhochhaus eingerichtet. Sie besteht aus zwei Wohnungen im Haus, die von Gästen gemietet werden können. Betreut werden sie von Suzanne Stecher gemeinsam mit den Kindern aus dem Projekt: „Die Kinder zeigen unseren Gästen die Räumlichkeiten und bieten ihnen kleine Führungen durch Marzahn an, zum Beispiel zu ihren Lieblingsorten. So lernen die Gäste den Kiez ganz anders kennen, weil sie ihn durch die Augen der Kinder sehen, die ihren Stadtteil lieben und gerne hier leben“, erzählt die Erzieherin.
Den Horizont erweitern und die eigene Stimme einsetzen
Auch Schlüsselqualifikationen wie Höflichkeit und Freundlichkeit gegenüber anderen Menschen will Marina Bikádi ihren Schützlingen mit auf den Weg geben – und ihren Horizont erweitern: „Wir wollen den Kindern möglichst viele Erfahrungen und Erlebnisse mitgeben, deshalb machen wir regelmäßig Ausflüge ins Theater oder besuchen kulturelle Einrichtungen.“ Eine weitere Fähigkeit, die sie den Kindern mit auf den Weg geben möchte, ist, dass sie die Dinge nicht einfach hinnehmen müssen, sondern lernen, ihre eigene Stimme einzusetzen und für ihre Überzeugungen einzustehen.
Träume brauchen Räume
Wir bei degewo verstehen uns nicht nur als Wohnungsgeber, sondern als Stadtgestalter. Darum unterstützen wir Menschen wie Marina Bikádi und ihr Team bei der wertvollen Arbeit. Damit Orte wie der Kinderkeller und JuLe auch weit über unser 100. Jubiläumsjahr hinaus zu aktiven Nachbarschaften beitragen.
Kinderkonferenzen für Mitsprache und Teilhabe
Damit die Kinder und Jugendlichen auch im Kinderkeller mitreden können, finden regelmäßig Kinderkonferenzen statt. Hier können auch die Jüngsten ihre Meinung zu verschiedenen Themen äußern, erklärt Marina Bikádi: „Uns ist wichtig, dass die Kinder ein großes Mitspracherecht haben und wir nicht über sie, sondern mit ihnen entscheiden.“
Bei degewo gut aufgehoben
Eine Ansprechpartnerin, auf die sie sich auch bei Schwierigkeiten immer verlassen könne, ist degewo: „Unser Motto lautet: ‚Wer keinen Mut zum Träumen hat, hat keine Kraft zum Kämpfen.‘ Bei unseren Träumen unterstützt uns degewo ganz entscheidend. Wir können uns mit kleinen und großen Problemen immer an sie wenden und es werden immer Lösungen gefunden.“ Seit einigen Jahren stünden zum Beispiel bei starkem Regen immer wieder die Räume des Kinderkellers unter Wasser, erzählt Marina Bikádi. Ihre Ansprechpartnerin bei degewo sei dann jedes Mal schnell zur Stelle und helfe, wo sie könne.
Das Wohnprojekt JuLe unterstützt und fördert junge Alleinerziehende
Dass degewo auch bei der Realisierung des Wohnprojekts JuLe maßgeblich beteiligt war, macht Marina Bikádi besonders froh. „Gerade junge alleinerziehende Frauen haben auf dem Papier oft keine guten Voraussetzungen, um eine Wohnung zu finden“, gibt sie zu bedenken. „Im Wohnprojekt JuLe werden sie nicht nur mit Wohnraum unterstützt, sondern auch bei der Berufsfindung, in der Ausbildung und bei der Kinderbetreuung. Und das ist keine Selbstverständlichkeit“, erklärt die Sozialpädagogin.
Anderen Menschen mit Offenheit und Respekt begegnen
Für die Kinder aus der Nachbarschaft sei die Kooperation mit degewo auch eine tolle Möglichkeit, um neue Leute kennenzulernen und andere Perspektiven aufgezeigt zu bekommen. Deshalb freut sich Marina Bikádi immer, wenn degewo-Mitarbeitende zu Festen in den Kinderkeller kommen. Generell ist es Marina Bikádi sehr wichtig, dass die Kinder und Jugendlichen durch das Projekt lernen, offen auf andere Menschen zuzugehen: „Die Gesellschaft wird auch hier multikultureller. Ich finde es toll, wie offen die Kinder darauf reagieren, weil sie wissen: Menschen sehen vielleicht anders aus oder sprechen eine andere Sprache, aber sie haben alle die gleichen Wünsche und Träume. Diese Einstellung leben wir hier im Projekt, das finde ich sehr wertvoll“.